Immer wieder höre ich in meinen Workshops: „Das geht nicht, das haben wir noch nie so gemacht, so kann das überhaupt nicht funktionieren, usw …“ Manche Kolleginnen und Kollegen, und viele Führungskräfte können diese Leier schon gar nicht mehr hören. Und dennoch geistert dieses „Das geht nicht. Das ist unmöglich. Das brauchst Du gar nicht erst probieren“ noch in vielen verstaubten Büroräumen und Firmenarealen herum.
Vor einiger Zeit hatte ich einen derartigen „Das geht nie und nimmer“ Workshop, der eigentlich nur deshalb zustande kam, da zwei Teams zu einem Team zusammengelegt wurden und ein paar Teammitglieder vollkommen davon überzeugt waren, dass dieser Schritt völlig sinnlos ist. Die neue Teamleiterin sei viel zu jung und unerfahren, zudem ist sie gar nicht wirklich vom Fach und überhaupt kann das in dem Hochtechnologie-Laden nicht funktionieren, wenn das Team nicht von einem erfahrenen Techniker geführt wird.
Ich bin mir sicher, die gleichen Skeptiker hätten es für absolut unmöglich abgetan, hätte Eliud Kipchoge sie gefragt, ob sie denken, dass es möglich sein wird, im Jahr 2019 einen Marathon unter der fast als Schallmauer gehaltenen Marke von 2 Stunden zu laufen.
„Ein Marathon über 42,2 km unter zwei Stunden – das ist absolut unmöglich. Eliud, das brauchst Du erst gar nicht probieren!“, ganz sicher wäre das deren Rat gewesen.
Zum Glück ist Eliud Kipchoge aus einem völlig anderen Holz geschnitzt. Am 12. Oktober dieses Jahres hat der Kenianer – er wird als der beste Marathon Läufer aller Zeiten gehandelt– eben die für unmöglich gehaltene Schallmauer durchbrochen und einen neuen Weltrekord aufgestellt. Er meisterte die Marathondistanz in 1 Stunde, 59 Minuten und 40 Sekunden. Unglaublich. Fast überirdisch. Und die gesamte Sportwelt, aber nicht nur die, zollt dieser Leistung und diesem Athleten allerhöchsten Respekt. Manche vergleichen diese Rekordmarke mit dem 9,58 Sekunden Weltrekord Usain Bolts über 100 Meter und manche bemühen sogar den Vergleich mit der Mondlandung Neil Armstrongs.
Obwohl Eliud wahrscheinlich noch nie etwas von meiner WILDWASSER-STRATEGIE gehört hat, ging es ihm im Kern um genau die Haltung, die ich darin mit „Lean Into It“ bezeichne. Dabei steht das Verschieben von Grenzen im Fokus. In einem seiner Interviews meinte er, er wollte zeigen, dass wir Menschen uns nicht von lange Zeit als unmöglich gehaltenen Grenzen limitieren lassen sollen. Im gleichen Atemzug sagte er, er sei sich sicher, dass es bald einige weitere Läufer geben wird, die diese magische 2 Stunden Grenze unterbieten werden.
Natürlich sind derartige Quantensprünge nicht nur durch die Leistung eines einzelnen Menschen möglich. Sehr oft steht ein Mensch zwar im Fokus des Geschehens, aber dahinter sind starke Teams und Mitstreiter mitverantwortlich für den Erfolg. So auch bei dem Marathon-Rekord. Vom Sponsor angefangen bis hin zu den Pacemakern am Tag des Weltrekords und vielen anderen Mitbeteiligten.
Aber auch das Vorgehen selbst – von der ersten Idee bis zur erfolgreichen Realisierung – war ein Paradebeispiel für eine agile und iterative Herangehensweise. Eliud Kipchoge schaffte dieses Unterfangen nicht beim ersten Versuch. Es gab viele Tests und Experimente. Natürlich gab es auch den einen und anderen Rückschlag. Wichtig ist es in solchen Fällen, dieses scheinbare Misslingen nicht als tatsächliches Scheitern zu sehen, sondern es als ganz natürlichen Lern- und Entwicklungsprozess wahrzunehmen. Schließlich führte genau dieses Vorgehen am 12. Oktober in Wien zu dem phantastischen Rekord.
Einen Rekord hat die anfangs erwähnte Teamleiterin – die von einigen unter vorgehaltener Hand als viel zu jung, zu unerfahren und als inkompetent tituliert wurde – ebenfalls aufgestellt, zwar keinen Weltrekord und um eine Schallmauer ging es auch noch nicht. Dennoch: Ihr gelang es zum allerersten Mal in der Geschichte der Unternehmenseinheit einen sehr hohen sechsstelligen Eurobetrag von der Geschäftsführung für die Herstellung eines Prototypen für eine bahnbrechende Technologie genehmigt zu bekommen. Das hat nun, einige Wochen nach dem Workshop, die Skeptiker etwas zum Schweigen gebracht.
Ihre Erklärung, warum ihr das gelang, hätte aus dem Munde von Eliud Kipchoge stammen können:
Sie meinte, um scheinbar Unmögliches zu realisieren, ist es wichtig, an die eigene Gestaltungskraft zu glauben, Mut aufzubringen und mit einem starken Team konsequent daran zu arbeiten.
Auch sie hat wahrscheinlich mein Kapitel „Lean Into It“ in meinem Buch „Oben Bleiben – stark und souverän in unruhigen Zeiten“ noch nicht im Detail gelesen. Aber das ist nicht so wichtig. Wichtig ist, es zu tun und sich durch nichts und niemanden von dem Vorhaben abbringen zu lassen.
Wenn Sie sich ein Bild davon machen wollen, wie Sie sich mutig in Herausforderungen hineinlehnen und dabei erfolgreich sein können, so blättern Sie doch einmal in meinem Buch und gönnen Sie sich vor allem das Kapitel „Lean Into It“.
Es kann Ihnen einen guten und effektiven Weg aufzeigen wie Sie große Herausforderungen souverän und sicher meistern.