„Arbeitszeit: Die Wortverdreher und Verführer sind unterwegs“ titelten letzte Woche die Salzburger Nachrichten. Gegenstand der weitläufigen Diskussion ist das kürzlich erschienene YouTube-Video „Willkommen in der neuen Welt der Arbeit“ über eine flexiblere Gestaltung der Arbeitszeit – herausgegeben durch die Wirtschaftskammer Österreich. 

Eine Diskussion, die ich aufgrund meiner eigenen Erfahrungen doch eher mit einem hohen Maß an Skepsis beobachte. Und die das tatsächliche Problem in Unternehmen gänzlich außer Acht lässt.

Arbeitszeit ist nicht gleich Arbeitszeit

Während die Medien das Thema „Flexibilisierung der Arbeitszeit“ sehr schwarz-weiß behandeln und einen künstlichen Klassenkampf heraufzubeschwören suchen, bietet sich mir in den meisten mittelständischen Unternehmen ein völlig anderes Bild. Dort suche ich die in den Medien vorherrschende Rhetorik vergebens: Der klassische Kampf „Unternehmer vs. Mitarbeiter“ ist lange Geschichte. Stattdessen zwinkern sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu und wandeln gerade beim Thema Arbeitsstunden häufig am Rande der Legalität.

So gestaltet sich das Problem in Unternehmen um einiges vielschichtiger, da nicht jeder Betrieb unter den gleichen Bedingungen arbeitet – und arbeiten kann. Während Mitarbeiter in einem Produktionsbetrieb nach acht Arbeitsstunden womöglich nicht mehr die nötige Konzentration haben, um Unfälle zu vermeiden, sind Beschäftigte in kreativen, innovativen Jobs froh, wenn Sie sich nicht mitten im kreativen Prozess der Stechuhr ergeben müssen. Bei Letzteren ist die Möglichkeit, die Arbeitszeit auf zwölf Stunden ausweiten zu können, sinnvoll – in der Produktion hingegen lebensgefährlich.

Flexibel ja, aber …

In der medialen Diskussion ist eine solche individuelle Differenzierung des Problems gar nicht erst mitgedacht. Deswegen sind Sie als Unternehmer und Führungskraft gefragt: Nutzen Sie die Kultur des Miteinanders in Ihrem Unternehmen und stärken Sie es ganz gezielt. Keine Sorge, ich stifte Sie nicht dazu an, die Grenzen der Legalität zu überschreiten. Dass die politischen und verwaltungstechnischen Rahmenbedingungen wichtig sind, möchte ich nicht abstreiten. Durch ein starkes Wir-Gefühl, ein starkes THINK-WE! allerdings lassen Sie eine Stimmung, wie Sie in den Medien gemacht wird, in Ihrer Kultur Fuß fassen.

Daher sind Sie und das Unternehmen ständig gefordert, denn Ihren Mitarbeitern sollte immer bewusst sein, dass sie in einem starken Wettbewerb stehen, der weit über Unternehmens- und Landesgrenzen hinaus besteht. Ist allen Beteiligten klar, dass sie sich durch die Globalisierung und Digitalisierung mit Unternehmen in Ländern messen, in denen die Kosten geringer und Prozesse schneller sind, ziehen alle an einem Strang. Und das unter Bedingungen und in Arbeitszeiten, die dem tatsächlichen, individuellen Arbeitsplatz entsprechen.

Ein starkes Miteinander

Ein Bekannter von mir arbeitet im Tunnelbau. Diesem ist es lieber, er arbeitet an vier Tagen zwölf Stunden und kann dafür drei Tage Wochenende machen. Im Moment ist eine solche flexible Arbeitszeit aber nur durch Betriebsräte und Sonderregelungen möglich.

Beispiele wie dieses zeigen Ihnen, dass Sie durch eine differenzierte Betrachtung Bedingungen schaffen, die im Sinne aller funktionieren – im Sinne der Mitarbeiter, des Miteinanders und des Unternehmens. Und können den künstlichen Klassenkampf in den Medien getrost ignorieren.